Tempo 30 für mehr Lebensqualität in den Städten

Im Korschenbroicher Stadtgebiet gibt es schon viele Tempo-30-Zonen. Doch die Verwaltung stößt bei ihrer Ausweisung immer wieder an rechtliche Grenzen.
Im Korschenbroicher Stadtgebiet gibt es schon viele Tempo-30-Zonen. Doch die Verwaltung stößt bei ihrer Ausweisung immer wieder an rechtliche Grenzen.

Eine grundsätzliche Reduktion der Verkehrsgeschwindigkeit in den Korschenbroicher Innenstadtbereichen hätte viele Vorteile: weniger Lärm, weniger CO2-Ausstoß, mehr Sicherheit. Auch die Korschenbroicher Stadtverwaltung hat immer wieder betont: Allein geltende rechtliche Rahmenbedingungen hindern sie an der Ausweisung weiterer, wünschenswerter Tempo-30-Zonen. Deshalb beantragen wir im nächsten Ausschuss für Verkehr, Mobilität und Grünflächen am 16. Mai 2023 den Beitritt der Stadt Korschenbroich zur Initiative „Lebenswerte Städte und Gemeinden“. Sie setzt sich dafür ein, den Kommunen die Möglichkeit zu geben, eigenständig Tempo 30 verordnen zu können, wo sie dies für sinnvoll halten.

Unser Antrag im Wortlaut:

„Sehr geehrter Herr Andretzky,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,

wir bitten um Berücksichtigung des folgenden Antrags bei der Tagesordnung der kommenden Sitzung des Ausschusses für Verkehr, Mobilität und Grünflächen:

Antrag zum Beitritt der Stadt Korschenbroich zur Städteinitiative „Lebenswerte Städte und Gemeinden“

Der Ausschuss für Verkehr, Mobilität und Grünflächen beschließt den Beitritt zur Städteinitiative „Lebenswerte Städte und Gemeinden“.

Begründung:

Viele Kommunen möchten zukünftig selbst die Höchstgeschwindigkeit des innerörtlichen Verkehrs bestimmen und neben Tempo 50 auch Tempo 40 oder Tempo 30 festlegen können, solange sie dies nach Abwägung aller Aspekte wie geforderter Verkehrsleistung, Verkehrssicherheit, Klimaschutz, Gesundheitsschutz und Aufenthaltsqualität für angemessen halten.

Derzeit ist das Recht zur Verminderung der Regelgeschwindigkeit von 50 km/h innerorts nach StVO abgesehen von der Ausweisung von Tempo-30-Zonen nur gegeben, wenn dies „aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs“ nötig wäre und auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der Rechtsgüter wie z.B. dem Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen erheblich übersteigt. Die Vorgaben der StVO bedeuten für Kommunen somit regelmäßig einen hohen gutachterlichen Aufwand zum Gefahrennachweis und für die Verkehrsteilnehmenden einen bisweilen wenig nachvollziehbaren Schilderwald aus Tempo-50- und Tempo-30-Verkehrsschildern. Hinzu kommt nach Realisierung der Geschwindigkeitsbeschränkung ein nicht unerhebliches Klagerisiko selbst nicht direkt betroffener Verkehrsteilnehmer gegen die neuen Tempo-30-Verkehrszeichen.

Die Vorgaben der StVO bedeuten aber auch, dass Festlegungen zur Verminderung der Höchstgeschwindigkeit im innerörtlichen Verkehr ausschließlich zur Gefahrenabwehr zulässig sind. Ein stadtverträgliches Geschwindigkeitsniveau bemisst sich jedoch nicht ausschließlich an Gefahrenpotentialen und Unfallzahlen, sondern zusätzlich an der wahrgenommenen Attraktivität des öffentlichen Raums z.B. durch höhere Verkehrssicherheit für den Fuß- und Radverkehr, geringere Lärmemissionen und ein gestärktes Miteinander der Verkehrsteilnehmenden.

Bereits 640 Kommunen, darunter Mönchengladbach, Kaarst und Neuss, haben sich mittlerweile der kommunalen Initiative für stadtverträglichen Verkehr „Lebenswerte Städte und Gemeinden“ angeschlossen und unterstützen das Ziel lebenswerter Städte durch angemessene Geschwindigkeiten mit folgenden Hauptforderungen:

  1. Wir bekennen uns zur Notwendigkeit der Mobilitäts- und Verkehrswende mit dem Ziel, die Lebensqualität in unseren Städten zu erhöhen.
  2. Wir sehen Tempo 30 für den Kraftfahrzeugverkehr auch auf Hauptverkehrsstraßen als integrierten Bestandteil eines nachhaltigen gesamtstädtischen Mobilitätskonzepts und einer Strategie zur Aufwertung der öffentlichen Räume.
  3. Wir fordern den Bund auf, umgehend die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Kommunen im Sinne der Resolution des Deutschen Bundestags vom 17.01.2020 ohne weitere Einschränkungen Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit innerorts dort anordnen können, wo sie es für notwendig halten.
  4. Wir begrüßen ein vom Bund gefördertes begleitendes Modellvorhaben, das wichtige Einzelaspekte im Zusammenhang mit dieser Neuregelung vertieft untersuchen soll (u. a. zu den Auswirkungen auf den ÖPNV, zur Radverkehrssicherheit und zu den Auswirkungen auf das nachgeordnete Netz), um ggf. bei den Regelungen bzw. deren Anwendung nachsteuern zu können.

Lassen Sie uns die Städteinitiative „Lebenswerte Städte und Gemeinden“ unterstützen. Lassen Sie uns beschließen, den Bürgermeister zu beauftragen, der Städteinitiative beizutreten. Danke.

Mit freundlichen Grüßen

Jochen Andretzky
Fraktionsvorsitzender

gezeichnet:
Jochen Andretzky
Axel Fengler
Kathrin Maaßen
Kathrin Seebach
und Fraktion“