Klimanotstand in Korschenbroich und die Folgen für die Politik und Verwaltung 28. Januar 202024. Januar 2023 Es gibt keinen zweiten Planeten Erde. Zuletzt hat eine Mehrheit der im Rat der Stadt Korschenbroich vertretenen Parteien im Umweltausschuss am 23.1.2020 unseren Antrag zur Ausrufung des Klimanotstands in unserer Stadt abgelehnt. (Lese hierzu auch unseren Antrag) Hauptargument der Antragsgegner war, dass es sich bei unserem Ansinnen um reine Symbolpolitik und um Panikmache handele. Wir möchten daher unseren Standpunkt noch einmal dezidiert und öffentlich darlegen: Die Ausrufung des Klimanotstands durch den Rat der Stadt Korschenbroich ist viel mehr als ein symbolischer Akt. Mit dem Klimanotstand bekräftigen die politisch Verantwortlichen in Korschenbroich, dass dem Klimawandel mit energischem, raschem Handeln begegnet werden muss – auch und gerade hier vor Ort. Denn „Climate emergency“ – so die entsprechende Bezeichnung in der englischsprachigen Welt – verdeutlicht, dass wir einen Notfall erleben, ihn sogar mit verursacht haben. Warum wir einen Klimanotstand fordern CDU, SPD und der Bürgermeister betonen an dieser Stelle die bisher umgesetzten Maßnahmen in Korschenbroich. Wir meinen: Es ist zu wenig! Es kommt zu spät! Viele Maßnahmen wurden nur halbherzig angegangen oder gar verschleppt. So wurde die Stelle eines Klimaschutzmanagers trotz eines einstimmigen Ratsbeschlusses nicht ausgeschrieben. Ein bisschen zu tun, ist viel zu wenig Wir haben viel zu wenig Photovoltaik-Anlagen auf städtischen Dächern, selbst auf frisch sanierten Gebäuden wie dem Rathaus Don-Bosco-Straße oder dem Hallenbad in Korschenbroich. Kein Grund zu feiern: ein Kohlekompromiss, der das Klima verheizt. Wir werden auch nicht, wie es ein Antrag der SPD vorsieht, das kontraproduktive „Kohle-Ausstiegs-Gesetz“ begrüßen, mit dem <b>unnötige Milliarden-Subventionen zu den Stromversorgungsunternehmen geschaufelt werden</b>, damit längst überflüssige Kohlemeiler abgestellt und gleichzeitig eine neue Klimasünde in Datteln begangen werden soll. Alle Alarmzeichen stehen auf rot. Dies einzugestehen und zügiges Umsteuern verpflichtend zu machen, ist das primäre Ziel der Ausrufung des Klimanotstands in unserer Kommune. Gefragt sind wir alle. Aber die Stadt muss handeln Damit gehen wir nicht nur eine gewisse Selbstverpflichtung ein, sondern setzen auch ein deutliches Zeichen für die ansässigen Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger, sich ihr jeweiliges Handeln bewusst zu machen. Alle Akteure der Zivilgesellschaft müssen sich zusammen dem rasant Fahrt aufnehmenden Klimawandel entgegenstellen. Klimanotstand – ein dringend notwendiger Weckruf für uns alle Die Ausrufung des Klimanotstands kann hier in Korschenbroich die Funktion eines Weckrufs ausüben und Gemeinschaft stiften. Außerdem wollen wir ein Zeichen setzen in Richtung der Landes-, Bundes- und internationalen Politik. Denn gerade bei einem globalen Thema wie dem Klimaschutz bewegen sich kommunale Handlungsmöglichkeiten im Rahmen dessen, was durch höhere Instanzen maßgeblich festgelegt wird. Jedoch sind Kommunen die Orte, an denen die Klimakrise ganz offensichtlich zu Tage tritt: durch die Zunahme von Wetterextremen, durch ein verändertes Stadtklima oder durch landwirtschaftliche Ausfälle. Die Klimakrise findet jetzt und hier statt Fragen Sie unsere Landwirte in Glehn und Steinforth-Rubbelrath oder Waldbesitzer in Trietenbroich oder Steinhausen – sie werden Ihnen die jetzt schon dramatischen Auswirkungen des Klimawandels konkret benennen. Der Klimanotstand als nicht juristisch-formierter Akt kann vom Rat der Stadt Korschenbroich in konkrete Handlungsvorgaben überführt werden – je nachdem, wie ambitioniert wir im Klimaschutz sein möchten. Ein stärkerer Fokus aufs CO2-Budget statt aufs Finanzbudget Wir Grüne reden nicht nur über Finanzbudgets, sondern an dieser Stelle auch über unser CO2-Budget. Unser CO2-Einsparziel für Korschenbroich bis zum Jahr 2030 lautet 95% weniger Emissionen. Dieses entspricht den strengeren Vorgaben des Pariser Klimaschutzabkommens, die das Ziel haben, die Erderwärmung auf höchstens 1,5 Grad zu begrenzen. Wir wollen vor Ort mit gutem Beispiel schnell vorangehen und alle Menschen mitnehmen – unseren Kindern und Enkelkindern zuliebe. 15 Punkte für mehr Klimaschutz Mit der Verabschiedung des Klimanotstands verbinden wir die folgenden Forderungen. Diese haben das Ziel, einen vordergründig symbolischen Akt in konkrete, effektive Politik und Verwaltungshandeln zu überführen. Klimaneutralität: Wir fordern, Klimaneutralität als vorrangiges Ziel anzuerkennen, an dem sich künftig alles Verwaltungshandeln ausrichten muss. Alle Verwaltungsvorlagen müssen eine Aussage zu den Auswirkungen auf den Klimaschutz enthalten. Klimaschutzmanager mit Macht: Wir fordern, dass der seit vielen Jahren geforderte Klimaschutzmanager als Stabsfunktion beim Bürgermeister anzusiedeln ist. Klimagerechte Stadtentwicklung: Wir fordern, dass die Bauleitplanung konsequent auf eine klimagerechte Stadtentwicklung ausgerichtet werden muss. Hierzu gehört vorrangig ein Frischluftschneisenplan. Nachverdichtungen und neue Wohnsiedlungen sind nur unter Einhaltung strenger Nachhaltigkeitskriterien möglich. Baugebiete müssen eine gute Anbindung für Fußgänger- und Radfahrer bieten, dies gilt insbesondere für das Gebiet „An der Niers-Aue“. Regelmäßige Reports: Wir fordern eine regelmäßige Berichterstattung zur Klimafolgenabschätzung. Alle Wetterextreme sind in die Betrachtung einzubeziehen (Hitze, Dürre, Sturm, Starkregen, Hagel). Biodiversität fördern: Wir fordern die Verwaltung auf, öffentliche Grünanlagen und Straßenbegleitgrün zur Stärkung der Biodiversität naturnah zu pflegen. Den Bürger*innen sollen Flächen zur Verfügung gestellt werden, um Gemeinschaftsgärten anlegen zu können. Die Entwicklung, Sicherung und Neuanlage von Grünflächen in Korschenbroich ist für das Stadtklima gezielt voranzutreiben. Ausbau Photovoltaik: Wir fordern, dass alle öffentlichen Gebäude mit Photovoltaik-Anlagen bestückt werden. Wo dies nicht möglich ist, soll die Verwaltung Fassaden und Dächer öffentlicher Gebäude und Bushaltestellen begrünen. Konzept für Natur in der Stadt: Wir fordern die Verwaltung auf, zu Arbeitsbeginn des neuen Stadtrates ein Kulturlandschaftskonzept vorzulegen. Darin sind folgende Elemente zu beachten: Biotopverknüpfungen, Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung, Vermeidung von Flächenverbrauch, Anlegung von Feldrainen, Unterstützung von zukunftsfähigen Landwirtschaftskonzepten (Ökologische Landwirtschaft, Agro-Forst-Wirtschaft und Permakultur) Emissionsfreie Mobilität: Wir fordern, dass alle neuen Fahrzeuge, die die Stadt oder der Eigenbetrieb beschafft, ausschließlich emissionsfrei oder emissionsarm angetrieben werden. Außerdem sind alternative Verkehrskonzepte zu prüfen (Fahrrad-Pool, Jobticket für Mitarbeiter). Es ist ein Modell einzuführen, dass die Nutzung des städtischen Fuhrparks im Rahmen des Car-Sharings ermöglicht. Das vor einigen Jahren angeschaffte Lastenfahrrad ist nicht nur zur Dekoration im Rathaus auszustellen. Ökostrom tanken: Wir fordern, dass die öffentlichen Ladesäulen für Elektroautos mit nachhaltigem Ökostrom betrieben werden, der aktiv den Ausbau von erneuerbaren Energien fördert. Die Ladesäulen-Infrastruktur muss flächendeckend ausgebaut werden. Gleichberechtigung im Straßenverkehr: Wir fordern ein gleichberechtigtes Miteinander aller Verkehrsteilnehmer für den öffentlichen Verkehrsraum. Wir setzen uns für die Umwandlung aller städtischen Straßen in Fahrradstraßen und damit in Tempo-30-Zonen ein. Die Stadt soll mit den Straßenbaulastträgern Gespräche führen, damit auch Kreis- oder Landestraßen miteinbezogen werden. Vernetzen: Wir fordern, endlich unseren Antrag vom 14.06.2015 zu behandeln und endlich Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise zu werden. Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs: Wir fordern eine echte Verkehrswende. Die Verwaltung soll ein Konzept für eine hochfrequente ÖPNV-Abdeckung des gesamten Stadtgebietes vorlegen. Alle Stadtgebiete sind mit gut getakteten Verbindungen an die S-Bahn anzubinden. Erneuerbare Energien konsequent ausbauen: Wir wollen erneuerbare Energien weiter ausbauen. Hierzu gehört die Ausweisung von neuen Flächen für Windenergie und Repowering sowie die Unterstützung von Solaranlagen. Ziel ist, dass der Gesamtenergiebedarf der Korschenbroicher Bevölkerung und Gewerbetreibenden über erneuerbare Energien gedeckt werden kann. Stadt als gutes Vorbild: Wir fordern, dass die Stadt bei ihren eigenen Gebäuden konsequent auf nachhaltiges Sanieren und Bauen umschwenkt. In der Bauleitplanung soll nachhaltiges Bauen verpflichtend vorgegeben werden. Wir fordern eine Informationsoffensive gemeinsam mit dem Handwerk für mehr ökologisch und energetisch sanierte Gebäude, für die Anpassung an die Klimafolgen sowie über entsprechende Förderungen. Was bringt was: Wir fordern eine jährliche Bilanzierung der umgesetzten Klimaschutzmaßnahmen gegenüber dem Stadtrat. Jochen Andretzky (Fraktionsvorsitzender) Jörg Utecht (Sprecher des Ortsverbandes)
Angriff auf die Klimawende 31. Oktober 2024 Dort, wo eigentlich Windkraftanlagen entstehen sollen, wollen die Ratsfraktionen von CDU und SPD ein „relativ leises stadtnahes Gebiet“ ausweisen und so den lokalen Ausbau der Erneuerbaren verhindern. Jochen Andretzky, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen Korschenbroich, hat sich in der jüngsten Ratssitzung vehement gegen diese Pläne ausgesprochen.
Korschenbroich: Offiziell nicht fußgänger- und fahrradfreundlich 16. September 2024 Wer zumindest gelegentlich zu Fuß oder per Rad in Korschenbroich unterwegs ist, kennt das: marode oder plötzlich endende Fuß- und Radwege, fehlende Querungshilfen, sinnlos erscheinende Durchfahrtsverbote. Nun hat es die Stadt auch „schwarz auf weiß“: Korschenbroich ist keine fussgänger- und fahrradfreundliche Kommune. Sie wird auch nicht Mitglied der „Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW e.V.“ (AGFS NRW). Ein entsprechender Antrag der Stadt ist jetzt auch offiziell gescheitert.