Jörg Pesch will politischen Konsens für eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung in ganz Korschenbroich

Als Ur-Glehner, der inzwischen mit seiner Familie in Schlich wohnt, engagiert sich Jörg Pesch politisch vor allen Dingen auf drei Themenfeldern: Neben dem Klimaschutz und dem Kampf gegen rechtspopulistische Strömungen wünscht er sich in erster Linie einen Politikwechsel in und für Korschenbroich.  Zudem möchte der gelernte Controlling-Fachwirt den Weg zur Green Economy in allen Ortsteilen ebnen. Jörg ist Kassierer im Ortsverband und kandidiert bei der Kommunalwahl auf dem grünen Listenplatz 8.

Jörg, in unserem Wahlprogramm fordern wir ein nachhaltiges, langfristiges Gewerbekonzept unter Berücksichtigung aller derzeitigen und zukünftigen (bereits geplanten) Gewerbegebiete samt Infrastruktur. Gibt es so etwas in Korschenbroich noch gar nicht? Und wie sollte so ein Konzept denn konkret aussehen?

Jörg Pesch: Für einen Außenstehenden ist kein wirklich nachhaltiges Konzept erkennbar oder es wird einfach nicht genug vorangetrieben. Wer sich zum Beispiel in den Gewerbegebieten Glehn-Ost oder Püllenweg bewegt, kann schnell den Eindruck gewinnen, dass diesen offensichtlich über Jahre hinweg wenig Beachtung geschenkt wurde. Dies zeigt sich nicht nur durch Leerstände wegen Betriebsaufgaben oder oftmals mindergenutzte Gewerbeimmobilien. Vielmehr offenbaren sich strukturelle Schwächen, wie unzureichende Verkehrserschließung, Mangel an ausgewiesen LKW- und PKW-Stellplätzen sowie Engpässe in der Flächenverfügbarkeit und oftmals Modernisierungsrückstände an Gebäuden und Anlagen. Dadurch entsteht nicht nur bei Kunden und interessierten Unternehmen ein negativer Eindruck, der sich langfristig negativ auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung der Standorte auswirkt.

Hier gilt es Wege zu finden, diesen negativen Trend zu stoppen und zukunftsfähige Unternehmensstandorte mit ökologischer Nachhaltigkeit zu entwickeln. Dafür benötigen wir neben einer starken kommunalen Wirtschaftsförderung und Stadtplanung ein aktives Flächenmanagement und ein nachhaltiges Konzept, besonders für das neue Gewerbegebiet Glehner Heide II. Solch ein Konzept lässt sich nicht einfach aus dem Hut zaubern, sondern ist vielmehr ein Entwicklungsprozess, an dem alle Akteure arbeiten müssen. Es wird daher für uns entscheidend sein, im neuen Rat die richtigen Impulse zu setzen und unsere Ideen einzubringen. „Green Economy“ kann so ein Schrittmacher sein, um den notwendigen Wandel zu initiieren und voranzutreiben.

Was genau verbirgt sich hinter dem Begriff Green Economy eigentlich? Welche Wirtschaftsbereiche sind gemeint?

JP: „Green Economy“ beschreibt die Dringlichkeit des Übergangs zu einer nachhaltigen Wirtschaft, die natürliche Ressourcen schont und die Umwelt weniger belastet. Zugleich wird aber auch das menschliche Wohlergehen verbessert und die soziale Gerechtigkeit gesteigert. Dieses Leitkonzept umfasst alle Bereiche, in denen Menschen leben, wohnen, arbeiten, wirtschaften, lernen und ihre Freizeit verbringen. Von der Landwirtschaft über das produzierende Gewerbe bis hin zu Dienstleistungen und dem lokalen Einzelhandel sind im Grunde genommen alle Wirtschaftsbereiche und Branchen betroffen.

Wir wünschen uns einen lebendigen und möglichst nachhaltigen Einzelhandel in den Zentren von Korschenbroich, Kleinenbroich und Glehn. Kritiker werfen uns häufig vor, dass diese Forderung im Widerspruch stehe zu unseren Vorschlägen für eine Verkehrswende, die ja schlussendlich auf eine Reduzierung des Autoverkehrs abzielt. Haben sie Recht?

JP: Ganz klar Nein. Wo immer das Auto weichen soll, stößt die Idee zunächst auf Skepsis oder Ablehnung. Das sei geschäftsschädigend, enorme Umsatzeinbußen und menschenleere Innenstädte seien die Folgen. Dabei zeigen andere Städte, dass die Umsätze im Einzelhandel dort steigen, wo der öffentliche Raum stärker für Fußgänger zur Verfügung steht, wo Restaurants, Cafés und Grünanlagen zum Verweilen einladen und wo es wenig oder gar keinen Autoverkehr gibt.

Uns ist dabei klar, dass wir es in den verschiedenen Ortsteilen mit unterschiedlichen Ausgangssituationen zu tun haben. Ein Beispiel: Der Glehner Ortkern ist geprägt durch viele kleinere Geschäfte sowie Handwerksbetriebe und Dienstleistungsunternehmen, die sich zum Teil einer großen, überregionalen Beliebtheit erfreuen. Der Bereich Hauptstraße und Bachstraße ist aber auch der zentrale Verkehrsknotenpunkt und wird sehr stark vom Autoverkehr dominiert. Jeder Glehner kennt den alltäglichen Kampf um Parkraum im Bereich der neuen Postfiliale oder die Engstelle an der Bachstraße, wo es vor allem für Eltern mit Kinderwagen und ältere Menschen zu Fuß nahezu unmöglich ist, in Richtung Adam-Titz-Straße gefahrlos zu gelangen oder die Straße zu queren.

Hier macht natürlich eine Umgestaltung zu einer reinen Fußgängerzone wenig Sinn und würde gerade das Verkehrsproblem nur auf andere Straßen verlagern. Ich bin dennoch der festen Ansicht, dass auch in diesem Bereich der öffentliche Raum zugunsten der Fußgänger und Radfahrer zu gestalten ist, ohne den Autoverkehr gänzlich einzuschränken. Zudem würden auch anliegende Geschäfte und Unternehmen davon nachhaltig profitieren.

Insgesamt müssen für alle Ortskerne individuelle und tragbare Lösungen gefunden werden. Dazu bedarf es neben einer konstruktiven Diskussion auf kommunaler Ebene, eines Schulterschlusses mit allen Betroffenen vor Ort. Ich wünsche mir hier von allen politischen Zweiflern mehr Mut.

Wir Grünen wollen, dass im gesamten Stadtgebiet schnelles Internet verfügbar wird. Warum ist das so wichtig?

JP: Schnelles Internet ist die Grundvoraussetzung, um als Mensch oder Unternehmen an der Digitalisierung in all ihren Facetten teilzuhaben. Zwar geht im Stadtgebiet der Breitbandausbau ganz gut voran, dennoch wird es immer noch unterversorgte Bereiche geben, die von keinem Versorger ausgebaut werden. Dass haben viele Kleinenbroicher im letzten Jahr zu spüren bekommen, als aufgrund ungenügender Nachfrage ein Breitbandausbau aus wirtschaftlichen Gründen abgelehnt wurde.

Nun hat sich zum großen Glück für Kleinenbroich-Nord eine zweite Chance ergeben. Ich hoffe sehr, dass nun die notwendige Zielmarke erreicht werden kann, so dass ein weiterer Ortsteil mit schnellem Internet ausgestattet werden kann. Dass dies oftmals nur durch besondere Initiativen aus der Bürgerschaft möglich wird, darf jedoch nicht im Sinne einer nachhaltigen und zukunftsgerichteten Stadtentwicklung sein. 

Das Beispiel Home-Office passt in diesem Zusammenhang ja recht gut. Du profitierst als Bundeswehroffizier mit Dienstort Bonn momentan von einer solchen Regelung und kannst einige Tage pro Woche von zu Hause arbeiten. Wie ist denn die Online-Anbindung von Glehn und Schlich ganz konkret?

JP: Ich habe großes Glück, dass im Ortskern von Schlich bereits der Breitbandausbau vollzogen wurde. Insbesondere die Corona-Lockdown-Phase hat gezeigt, dass ohne eine stabile und leistungsstarke Internetverbindung ein Arbeiten von zu Hause aus fast unmöglich gewesen wäre. Gerade zu Beginn, als der Datenverkehr enorm zunahm und bei einigen Anbietern zu Netzunterbrechungen führte, konnte ich mich entspannt zurücklehnen und weiterarbeiten. Da habe ich die Vorteile eines schnellen Internet zu schätzen gelernt. Allerdings sieht es auf derselben Straße 200 Meter weiter schon ganz anders aus: Rund um Haus Fürth existieren beispielsweise vier Wohnhaushalte und drei Gewerbebetriebe, wo die Daten nur tröpfchenweise aus den alten Telefonleitungen kommen.

Zwar ist in Glehn, Scherfhausen, Epsendorf und Lüttenglehn sowie in den Gewerbegebieten der Breitbandausbau inzwischen ebenfalls erfolgt. Zudem wird von einem weiteren Anbieter ein Teil-Glasfasernetz auf Basis der umstrittenen Vectoring-Technik angeboten. Doch gibt es eben immer noch einige Außenbereiche, denen ein schnelles Internet bisher verwehrt wurde oder wo es nur durch erheblichen finanziellen Eigenaufwand möglich gemacht werden kann. Diese Lücken gilt es zu schließen, sodass zukünftig wirklich alle in Korschenbroich über schnelles Internet verfügen können. Hierüber sind sich ausnahmsweise alle politischen Akteure in Korschenbroich einig.

(Dieses Interview ist Teil der Gespräche, die wir mit unseren Kandidaten für die Kommunalwahl 2020 veröffentlichen. Inhaltlich im Fokus steht dabei unser 12-Punkte-Programm „Mehr Grün für Korschenbroich“.)