Bernadette Acht will Korschenbroich zur fahrradfreundlichen Stadt machen

Die Bereiche Kultur, Bildung und Familie sind die Kernthemen von Bernadette Acht. Die 43jährige Illustratorin und Grafikerin engagiert sich zudem in der Verkehrspolitik. Denn sie ist überzeugt: Durch mehr Platz und Vorrang für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen, eine der Kernforderungen der Korschenbroicher Grünen, ließe sich die Lebensqualität vor Ort dramatisch steigern. Bei konsequenter Umsetzung in allen Korschenbroicher Ortsteilen wäre dieser naheliegende, erste Schritt hin zur Verkehrswende gleichzeitig ein Beitrag zum Klimaschutz. Bernadette kandidiert bei der Kommunalwahl auf Listenplatz 5.

Bernadette, Du wohnst ja mit Deiner Familie mitten in Alt-Korschenbroich. Wie klappt es denn da ganz praktisch, wenn Ihr zu sechst mit dem Rad unterwegs seid? Wie gut sind die Wege zu Kita und Schule, zum Einkauf und bei Freizeitaktivitäten?

Bernadette Acht: Wenn wir mit der ganzen Familie unterwegs sind, machen wir meist eine Radtour oder besuchen meinen Schwiegervater in Pesch. Da fahren wir dann in einer festen Reihenfolge, die kleineren Kinder in der Mitte, damit sie einigermaßen geschützt sind. Oft ist es schwer, ein gemeinsames Tempo zu finden, da die großen Kinder schneller unterwegs sind. Wenn wir im Wald sind, fällt das kaum auf, da können die Kleinen ganz schön flitzen. Innerorts ist das viel zu gefährlich. An Kreuzungen und Straßeneinmündungen sind meist hohe Bordsteine zu überwinden und jedes Mal, wenn die Straßenseite gewechselt werden muss, heißt das erst mal: anhalten, absteigen, Autos vorbeilassen, schieben, aufsteigen.
Im Alltag ist meistens nur ein Erwachsener mit den Kindern unterwegs. Da ist es besonders schwierig, auf die Sicherheit zu achten. Der Weg zur Kita könnte eigentlich problemlos schon von sehr kleinen Fahranfänger*innen bewältigt werden. Aber auf den 700 Metern bis zur Kita müssen wir fünfmal anhalten, um vom Bürgersteig auf die Straße zu wechseln, oft stehen morgens noch Mülltonnen auf den Bürgersteigen. In der Kita wird empfohlen, mit dem Rad zu kommen. Das ist ein guter Ansatz. Die schmale Straße vor der Kita ist aber auf beiden Seiten von parkenden Autos besetzt, dort könnte ein klar gekennzeichneter Bereich für Fuß- und Radverkehr Abhilfe schaffen. Mit dem Fahrrad durften meine älteren Kinder erst nach der Fahrradprüfung alleine fahren. Mit sicheren Radwegen wäre das schon früher möglich gewesen.

Im grünen Wahlprogramm ist die Absicht formuliert, Korschenbroich zur fahrradfreundlichen Stadt zu machen. Wie soll das konkret aussehen?

BA: Es wäre einfach, die Ampeln radverkehrsfreundlich zu schalten. Es sollten so viele Fahrradwege, wie möglich eingerichtet werden – besonders an stark frequentierten Strecken. Wichtig sind sichere Fahrradwegübergänge an Straßeneinmündungen. Wohnstraßen sollten zu Spielstraßen werden. Umlaufsperren sind besonders für Radfahrer*innen mit Anhängern sehr unpraktisch und oft unüberwindbar. Am deutlichsten wird dieses Problem in der Unterführung am Bahnhof in Korschenbroich. Besonders für ältere Menschen ist das Umschieben der Umlaufsperren anstrengend. Dadurch macht man es den Herrenshoffer Bürgern zusätzlich schwer, in den Ortskern zu gelangen. Außerdem sollten Fahrradstraßen angelegt werden, auch sie bieten mehr Sicherheit für Radler*innen.

Gerade für Kinder ist die Sicherheit auf Rad- und Fußwegen im Stadtgebiet nicht durchgehend gewährleistet. Wo siehst Du hier Brennpunkte? Und was könnte man da besser machen?

BA: Besonders im Innenstadtbereich wurde der Fahrradverkehr nicht berücksichtigt. Es sind keine Fahrradwege vorhanden. Man muss sich immer auf Fußwegen oder der Straße bewegen. Wenn man mit Kindern unterwegs ist, ist es schwer, eine klare Linie vorzugeben, da es selten möglich ist, nur auf dem Bürgersteig zu fahren. Man muss immer darauf achten, keine Fußgänger zu stören, oder gar in gefährliche Situationen zu bringen. Die Bürgersteige sind schmal und es ist gefährlich dort zu fahren, da die Autos dort oft auch über den Fußweg fahren.
Es hängt ja mit den eigenen Gewohnheiten zusammen, ob man fürs Brötchen holen kurz aufs Fahrrad steigt, oder eben doch ins Auto. Aber wie sollen sich Familien im Alltag ans Fahrradfahren gewöhnen, wenn es – besonders für die jüngsten Verkehrsteilnehmer*innen – einfach zu gefährlich und umständlich ist?
Meine Verbesserungsvorschläge: Es sollte so viele Fahrradwege geben wie möglich. Das Ausweichen auf Bürgersteige ist immer eine Notlösung. Im Korschenbroicher Ortskern würde ein Einbahnstraßensystem helfen, dann könnte man dort Fahrradwege einführen. Auf den Parkplätzen vor den Supermärkten fehlen gekennzeichnete Zuwege für Fuß- und Radverkehr, werden zugeparkt oder sind nicht als solche zu erkennen. Außerdem müssen Fahrradparkplätze dringend ausgebaut werden.

Auch ein Tempolimit von 30 km/h innerorts ist eine unserer Forderungen. Warum?

BA: Ein Tempolimit hilft, Verkehrsunfälle zu vermeiden und führt zu weniger schweren Unfällen mit Todesfolge. Die Kommunikation zwischen Radfahrer*innen und Autofahrer*innen wird erleichtert. Fußgänger*innen können die Straßen leichter überqueren. Es entstehen weniger Straßenlärm und weniger Schadstoffemissionen. Der Verkehrsfluss wird insgesamt gleichmäßiger.

Grundsätzlich wollen wir eine deutliche Reduzierung des innerörtlichen Autoverkehrs erreichen. Aber wie?

BA: Der Radverkehr muss attraktiv gemacht werden. Das wird durch das ganze Paket der angesprochenen Maßnahmen erreicht. Dazu muss natürlich auch der Ausbau des ÖPNV vorangetrieben werden. Der Bürgerbus ist schon ein Schritt in die richtige Richtung, aber da muss viel mehr passieren! Zur Verkehrsberuhigung dient auch unsere Idee, 5000 Straßenbäume zu pflanzen.

(Dieses Interview ist Teil der Gespräche, die wir mit unseren Kandidaten für die Kommunalwahl 2020 veröffentlichen. Inhaltlich im Fokus steht dabei unser 12-Punkte-Programm „Mehr Grün für Korschenbroich“.)